Volksstimme vom 14.04.1998

Bajan-Virtuosen gastierten im Stendaler Musikforum Katharinenkirche

Moskauer Künstler entführten in eine besondere Klangwelt

Stendal (ukf). Und 100 Besucher lockten die Moskauer Bajan-Virtuosen Professor Wladimir Bonakow und sein Meisterschüler Iwan Sokolow am Ostersonntag ins Musikforum Katharinenkirche. Sie warteten mit einem musikalischen Erlebnis besonderer Art auf: Zwei Künstler entführten in eine Ton- und Klangwelt, bei der man oft nicht glauben wollte, dass sie dem alten russischen Volksinstrument entstammten.

Gleich zu Beginn standen Orgelklänge im Raum, als Sokolow Vivaldis Konzert a-Moll intonierte. Virtuosität und einfühlsame Durchdringung polyphoner Sonaten folgten dem gleichen Interpretationsstil. Über konzentrierte Fingerfertigkeit entlockte der Künstler dem Instrument Klangfarben, die Visionen der Originalstreicherbesetzung nahe kamen. Danach rauschten wahre Orchesterklänge auf: Peter Tschaikowskis "Blumenwalzer" entfaltete seine thematische Schönheit über großartig im Vibrato ausgespielten Eingangsakkorden, die in wiegende Walzerseeligkeit übergingen. Professor Wladimir Bonakow führte sich mit dem "Märchen vom Zaren Saltan" ein, in dem der "Hummelflug", komponiert von Rimski-Korsakow, eingebettet ist. Die Finger flogen förmlich über die
Tasten, das "Insekt" umschwirrte die Zuhörer. Eine faszinierende musikalische Virtuosität!

Dann standen sich Carmen und Torrero in rhythmisch aufreizenden Themen aus der Suite nach Georges Bizet von Bonakow gegenüber und das "Einsame Glöckchen" verbreitete im variationsreich abgewandelten Volkslied seien Steppenmelancholie, bevor noch einmal sprühender Rhythmus mit Michail Glinkas "Krakowiak" die Zuhörer begeisterte.

Gemeinsam bestritten beide Moskauer im letzten Teil mit russischen Volksliedern vom herrlichen Baikal und dem "Abendglöckchen". Tschaikowski und Glinka vervollständigten den schier unerschöpflichen Melodienreichtum, den beide Solisten ihren Instrumenten jetzt als Partner und Freunde entlockten.

Natürlich wurden sie nicht ohne Zugaben entlassen. Dmitri Schostakowitschs "Second
Walz" versetzte in beschwingt Feiertagsstimmung, furioses Feuer entsprang dem "Säbeltanz" Aram Chatschaturjans. Mit zwei deutschen Volksliedern sandten die Künstler ihre Ostergrüße in die Altmark, um dann im "Wolgalied" den mächtigen russischen Strom aufbrausen zu lassen. Ein großartiger musikalischer Hörgenuß mit leistungsstarkem und künstlerischen Ausdruck.

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